Mittwoch, 6. Juni 2012

Nichts ist anders

Jeden Tag sehe ich, wie du genau das tust, weswegen du mich verurteilt, sogar gehasst hast. Doch jetzt tust du es freiwillig. Die Erinnerung an mich soll verblassen, hast mich gnadenlos ersetzt. Vorwürfe hallen noch immer in mir, ergeben ein dunkles Echo, das Übelkeit hervorruft. Voll Trauer und Wut sitze ich da und weine – nach all der Zeit.

Das Spiel ist das gleiche geblieben, du hast nur die Personen ausgetauscht. Den Kampf gegen deine Oberflächlichkeit hast du verloren während ich leide.

Verhalten hat Konsequenzen, dennoch bin ich stets die Böse, die Domina, die dich mit dogmatischen Allweisheiten fesselt, dir die Luft zum Atmen nimmt. Doch wenn das stimmt, warum schert mich all das noch, belastet mich, dass es nichts gibt, das diesen Eindruck zurechtrücken kann – keine Chance.

Das Spiel ist das gleiche geblieben, du hast nur die Figuren ausgetauscht. Den Kampf gegen deine Oberflächlichkeit hast du verloren während es mich zerreißt.

Wenn sich etwas verändert kann ich verstehen, vielleicht auch abschließen und verzeihen. Aber das tut es nicht. Wenn das Licht ins Dunkel fällt weiß ich erneut: Ich bin es nicht wert, bin viel weniger als sie. Ich werde niemals aufgeben zu Kämpfen – wie lange noch?

Das Spiel ist das gleiche geblieben, du hast nur die Charaktere ausgetauscht. Den Kampf gegen deine Oberflächlichkeit hast du verloren während ich sterbe.

Montag, 4. Juni 2012

Zeit


Ich bin ein grauer Fels, liege am Strand. Ein Liebespaar läuft durch den feinen, weißen Sand an mir vorbei. Das Knistern zwischen beiden ist auch für mich deutlich zu spüren. Plötzlich lacht sie auf, rennt ins seichte Wasser. Wellen umspülen sanft ihre Fesseln, während sie sich bückt, mit den Händen das kostbare Nass zu fassen versucht und ihn damit besprengt. Er lässt sich auf das Spiel ein, sie toben ungezwungen, ausgelassen vor mir herum bis sie kaum noch Kraft haben sich auf den Beinen zu halten. Dennoch – er trägt sie, küsst salzige Tropfen auf ihrer Haut. In meinem Rücken finden sie Schutz vor den Stürmen die vom Meer her aufziehen.

Ich bin ein grauer Fels, liege am Strand. Die Jahre haben mich mit üppig grüner Haarpracht aus Moos und Sträuchern beschenkt. Aus zwei wurden viele, die nun vor mir her gehen, vergnügt spielen und die kühle Erfrischung an heißen Tagen genießen. Füße hinterlassen nicht nur Spuren im Sand, nein manchmal klettern die Mutigeren auch an mir entlang, setzen sich auf mein Haupt des schönen Ausblicks wegen.
Häuser aus hellem Sandstein schmiegen sich dicht an mich.

Ich bin ein grauer Fels, liege am Strand. Ein Teil meiner dereinst imposanten Erscheinung hat sich mit Hilfe von Wind und Wasser mit dem samtenen Ufer vereint. Mein Haar hat etwas von seiner Pracht eingebüßt, aber noch ist etwas Grün vorhanden. Zu viele sorgten für ein Ungleich-
gewicht. Die fröhlich bunten Jollen und Schlauchboote auf dem Meer sind verschwunden, Bauwerke, die sich einst dicht an dicht drängten und kaum Raum für Gassen ließen, zu Staub zerfallen. Die See spült Muscheln, vereinzelt Seesterne an Land. Etwas jedoch ist geblieben und vielleicht kommt bald erneut ein Paar hier vorbei, schlendert Hand in Hand mit nackten Füßen in feuchtwarmem Sand. Spürt und erlebt was Zeit überdauert.