Dienstag, 3. September 2013

Zweiter Tag - und aus war's mit der Beschaulichkeit

Jaa, heute Morgen kam direkt jemand auf mich zu wegen Ausfällen und ob es mir etwas ausmachen würde den Raum für den ich angedacht bin momentan allein zu managen. Machte es nicht, bin ja da um zu lernen. Verantwortung habe ich auch früher schon übernommen.
Das hat ganz schön rein gehauen, da man nicht nur Essen richten, zwischendurch wieder Stadt, Land, Fluss Unterhaltungen, Bewohner abholen oder auch mal wieder einfangen muss. Eine Stunde nach Mittag war ich durch und wäre doch wirklich gern unter die Dusche.
Die Leute sind still, so still. An und für sich bin ich ein kommunikativer Typ, darum mag ich es auch nicht leiden jeden Wurm einzeln aus der Nase ziehen zu müssen.
Hörgeräte werden nicht angelegt, so dass man von seinem Gegenüber nicht verstanden wird. Demenzpatienten unterhalten mit ihren beständigen Wiederholungen ihre Tischnachbarn. Hat beinah etwas andächtiges:
'Ich sags meiner Mutter...' die Vorsprecherin, die lustigerweis auch noch am Kopfende des Tisches sitzt. Unisono der Rest: 'Vadder war ja nich da, der war im Krieg'.
Nach den Mahlzeiten ist Beschäftigung angesagt. Man trat tatsächlich an mich heran, ob ich mit den Bewohnern singen würd. Alter Schwede, die können von mir alles haben, aber ich singe da nicht. Bei der Musik allein, die in dem Bau den ganzen Tag nebenher dudelt rollen sich mir die Fußnägel. Das aber auch noch 'singen' sollen natürlich im großen Kreis - never!
Da mach ich lieber von vier Gruppen Geschirr oder wasche Stühle ab. Ist nicht die Art Pflege, die ich mir vorgestellt habe.
Zumal dann wirklich von unten und aus dem Wohnhaus die Bewohner im Andachtsraum geparkt werden, ja Hauptsache Beschäftigung.
Einzeln auf Menschen eingehen? Fehlanzeige. Menschen die Essen angereicht bekommen müssen, werden so nebenher eben gefüttert.
Kein Wunder, dass mir da das große Schweigen entgegenschlägt.
Aber als Praktikantin hat man's lustig. Während man von einer Seite gebeten wird mit Bewohnern Toilettengänge zu erledigen, bekommt man's von anderer Seite untersagt. Kompetenzen eben. Und jeder der an einem vorbei geht, wenn man gerade einen Auftrag erledigen möcht, drückt einem noch was zusätzlich auf. Manchmal wird man in völlig unterschiedliche Richtungen geschickt.
Noch unterschiedlicher die Informationen über Bewohner zum tatsächlich Erlebten. Wir haben in unserer Tischgruppe nur einen einzigen Mann, der sich angeblich furchtbar gern unterhält. Ich erlebe ihn eher depressiv, hat heute sogar geweint, dabei soll er doch ausgesprochen gesellig sein.
Geht man durch die Gruppen sieht man viele Menschen auf Sofa's liegen, die an jeder Ecke stehen. Daher mein Eindruck von heute: Schlaf und Schweigen.

Schlaft fein,
N.

4 Kommentare:

EQ hat gesagt…

Ich merke, dass mich Altenheime immer ganz besonders deprimieren, macht mich immer sehr traurig, geht mehr harter einfach zu nahe. Mir geht dann immer so vieles durch den Kopf....

Umso mehr bewundere ich Dich dafür und alle, die diesen Job machen (gewissenhaft machen, vor allen Dingen) Sehr harter Tabak...

EQ hat gesagt…

Sollte natürlich 'Tobak' heißen...Tabak...tsss:)

rheinland-blogger hat gesagt…

Hallo Njala,
Dein Arbeitstag liest sich wieder sehr spannend. Finde ich krass, wie Du es schaffst, mit all diesen Charaktertypen / Krankheitsbildern klar zu kommen. Bezeichnend finde ich Deinen Satz "als Praktikantin hat man's lustig". Man braucht wohl eine bestimmte Art von Humor, um über all diesen Tätigkeiten drüber zu stehen.

Wünsche noch einen schönen Tag
Dieter

Kathis Garten hat gesagt…

Ich wollte schon zum letzten Eintrag was schreiben, aber... mir fehlen die Worte.
Du hast es gut auf den Punkt gebracht.
Hab sehr lange Hausbesuche in Altenheimen gemacht und genau das erlebt, was du hier berichtest..

Ich für mich hoffe einfach... wenn es irgendwann so weit ist, dann bitte einfach umfallen...

Liebe Grüßlis
Kathi

Kommentar veröffentlichen