Mittwoch, 5. Dezember 2012

Diva I

In unserem Haus über mir wohnt eine Frau – ja ich schreib das extra dazu, denn es gibt auch männliche Diva's - mittleren Alters, mittelgroß und von hagerer Gestalt. Leider viel zu hoch trägt sie ihre schmale, spitze Nase im kantigen Gesicht was ihrer Erscheinung etwas leicht rattenhaftes verleiht. Die kinnlangen, einst strahlend blonden Haare werden inzwischen durchsträhnt um den grauen Ansatz etwas zu verschleiern. Darüber mache ich mich allerdings nicht lustig, denn ich muss ebenfalls Graue verstecken, nur dass ich aus Protest kontinuierlich schwarz färbe. Was sie trägt ist Parfum und das dick auf, so dass das Treppenhaus noch Stunden nach ihrem Abgang schwer danach riecht. Die Kleidung scheint recht farbenfroh, naja einiges davon hängt wochenlang in der Waschküche und wird so wohl etwas von ihrem Glanz einbüßen. Über ihre Augenfarbe kann ich gar nichts sagen, da sie einem so selten hineinsieht. Vermute blassblau, das allerdings reine Spekulation.
Diese Mitbewohnerin heisst im Haus auch 'die Diva' was mehrere Gründe hat:
Zum einen hängt neben ihrer Eingangstür ein selbstgemaltes Bild. Es zeigt eine Sängerin in ausladendem, rüschenbeschwerten Ballkleid. Darunter steht mit tanzenden Buchstaben: Königin der Nacht. Einigen ist diese Figur aus Mozart's Zauberflöte sicherlich ein Begriff.
So ist es tatsächlich wie man vermuten könnte: Unsere Diva singt gern. Von ihrem Balkon herab in den Wald hinein – buchstäblich. Sopran, jedenfalls glaubt sie das. Darüberhinaus spielt sie Akkordeon und übt sehr viel, ebenfalls mit Gesang. Nein – wir können uns nicht dagegen wehren, ist beinah so als wohnte man neben einer ständig ausgebuchten Kulturhalle oder neben einem Theater, nur dass sich das Programm nicht ändert.
Nun wäre gegen das Musizieren wie ich das Geträller mit viel Wohlwollen nenne, ja noch nicht mal gar so viel einzuwenden. Hin und wieder packe auch ich meine Gitarre aus, spiele ein wenig und singe dazu, aber leise und im Zimmer, wie viele andere Lagerfeuermusikanten auch.
Niemand würde sich über diese Zwangsaufführungen beklagen wenn, ja wenn sie sich sonst benehmen würde wie man es von einem netten Nachbarn oder Mitbewohner erwartet.
Weit gefehlt. Seit wir hier wohnen tut sie so als gehörte das Haus ihr alleine. Hier wohnt sonst niemand mehr, nur die Königin der Nacht müsst ihr wissen.
Ach, ich vergaß - doch, doch. Wir, ihr Personal. Denn wenn es um die Dinge geht die erledigt werden müssen die die Hausgemeinschaft betreffen ist nur noch das Personal zuständig. Mülltonnen raus -und wieder reinstellen, Bürgersteig und Aufgang fegen, mal Spinnenweben in der Waschküche entfernen, dafür sorgen dass Abflüsse frei bleiben und nicht von Blättern bedeckt werden, den Rasen oder die Büsche vorn etwas kultivieren, Dreck aufheben, den Wanderer im Vorgarten hinterlassen oder nur mal 'ihre' Zeitung oder Werbung mitnehmen – alles Aufgabe des Personals.
Und da es da noch viel, viel mehr und auch wenig leckres zu erzählen gäbe könnt ihr euch vielleicht vorstellen, dass das Personal sich eines Tages zusammengeschlossen und gekündigt hat.
Nun zerreißen sich Diva und Nachbarn das Maul über das faule Personal und alles verkommt.

2 Kommentare:

EQ hat gesagt…

Mit welchen Menschen man es doch immer zu tun hat, sein Leben lang in der Nachbarschaft.... eine Diva...tsss... unverschämt.

Unsere Nachbarn nebenan nerven mich immer, in dem sie mind. 2 die Woche grillen müssen und ich ständig den ganzen Rauchgeruch in der Wohnung habe. Das wäre ja noch halb so schlimm, wenn sie nicht dabei immer so laute Musik dabei laufen ließen. Vorzugsweise Jürgen Drews (deswegen auch die Bitte an den Nikolaus bei mir im Blog):)

Ok, könnte ja noch schlimmer kommen , ich weiß. Wildecker Herzbuben oder so.

Gott sei Dank hat es jetzt im Winter nachgelassen, aber mir graut es schon davor, wenn der Frühling wieder anfängt.

Echt schwierig manchmal mit den 'lieben' Nachbarn...

Njala hat gesagt…

Ach du Schande! Jürgen Drews ist natürlich der Burner, da würd ichs sicher auch an die Nerven bekommen. Wobei ich gegen das Grillen als Saarländer ja nichmal was hab. Natürlich kann man alles auch übertreiben.
Aber meine Nachbarin hat eig eine Altstimme und zwingt sich in den Sopran. Dann verspielt sie sich ständig mit ihrem Akkordeon und ist das so gewohnt, dass sie, auch wenn sie die Stelle richtig spielt, nochmal von Neuem ansetzt.
Ich bekam neue Boxen geschenkt, richtig tolle. Wenn sie mich jetzt nervt gibts ne Runde Turisas, Arkona oder Amberian Dawn. Dann muss ich mir ihr Gejammer zumindest nimmer anhören.
Es geht aber noch weiter mit der Diva, dazu aber evtl morgen mehr, sofern ich dazu komme.
Lieben Gruß,
N.

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